Am Tag der Menschenrechte dem 10. Dezember 2022 nahmen knapp achzig Menschen an unserer Saalkundgebung „Streikrecht ist Menschenrecht“ in Berlin teil. Bei der Saal-Kundgebung gab es kurze Beiträge von Akteur*innen, die über die Einschränkungen im Streikrecht in Deutschland informierten und von ihren Erfahrungen aus der Praxis berichteten. Auch die Streikrechtsverletzungen in der Türkei und Polen wurden thematisiert. Hier findet ihr die Videodokumentation der Veranstaltung.
Einleitung
00:00:00 Eröffnung durch die “Kampagne für ein umfassendes Streikrecht”
00:03:12 Diskussionsleitung: Bärbel Schönafinger (labournet.tv)
Block 1: Eingeschränktes Streikrecht und rechtliche Situation
00:03:59 Benedikt Hopmann (Anwalt): Schadenersatzforderungen aufgrund Streikrechtseinschränkungen, die auf den Faschismus zurückgeführt werden können.
00:11:18 David-Sebastian Schumann (Ver.di Gewerkschaftssekretär und Bundesvorstand der VDJ): Stand des Rechtsstreits um die Gorillas-Beschäftigten, denen wegen Teilnahme an einem verbandsfreien Streik gekündigt wurde. Deutsches Streikrecht verstößt gegen das Völkerrecht. Auch Beschäftigten der Kirche wird Streikrecht verwehrt.
00:18:00 Martin Bechert (Anwalt, berät Beschäftigte von Lieferdiensten) beschreibt, wie die Gorillas-Beschäftigten zum verbandsfreien Streik gekommen sind.
Block 2: Debatten um Ausweitung des Streikrechts
00:24:39 Lucy Redler (Autorin von Politischer Streik in Deutschland nach 1945): Politische Streiks nach dem 2. Weltkrieg bis heute. Politische und ökonomische Streiks lassen sich nicht trennen.
00:31:10 Dirk Linder (IG Metall Koordination Siemens International): Bemühungen um Aufbau eines globalen gewerkschaftlichen Netzwerkes im Siemenskonzern. Gewerkschaftspraxis ändern! Tarifpolitik in Europa koordinieren!
00:36:18 Florian Wilde (Referent Gewerkschaftliche Erneuerung, Rosa-Luxemburg-Stiftung): Gewerkschafliche Erneuerung durch Streik.
00:42:39 Mark (Stadtteilgruppe “Hände weg vom Wedding”): Schlüssel zu einer sozialen Demokratie sind politische Betriebe, Schulen und Wohnhäuser. Hebel zur Verwirklichung ist politischer Streik. Politische Debatte in den Betrieben organisieren.
00:48:38 Diskussion Block 2
Block 3: Kampf ums Streikrecht in der Praxis
00:51:32 Fernando Bolaños (Gorillas Workers Collective), wegen Teilnahme an verbandsfreiem Streik von Gorillas gekündigt. Wir wollten bessere und sichere Arbeitsbedingungen – deshalb haben wir gestreikt!
00:56:00 Christoph Wälz (AG für ein umfassendes Streikrecht in der GEW Berlin): Den meisten Lehrkräften wird das Streikrecht verwehrt, weil sie verbeamtet sind. Die GEW fordert das Beamtenstreikrecht und rief immer wieder verbeamtete Lehrkräfte zum Streik auf. Am 1. März 2023 wird beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg darüber verhandelt.
01:01:05 Jim Funke-Kaiser (Junge GEW Berlin): Mit der neuen Verbeamtung der Lehrkräfte in Berlin verlieren die Berufseinsteiger*innen ihr Streikrecht. Das erschwert den Aufbau von notwendigem Druck für eine bessere Bildung.
01:04:48 Diskussion Block 3
Block 4: Soziale Bewegungen und Streiks
01:08:26 Gisela Notz (Autorin und Historikerin): Am 8. März 1994 erster gemeinsamer Frauenstreik von Ost und West, es beteiligten sich Frauen aller politischen Richtungen. Es sind weiter breite Bündnisse notwendig gegen den § 218 und für existenzsichernde Arbeit für alle.
01:17:23 Judith Solty (Referentin für feministische Politik für die Fraktion Die LINKE und Aktivistin beim Frauenstreik): Am 8. März 2018 streikten fünf Millionen Frauen in Spanien. Das führte am Frauentag 2019 in Deutschland zu einem großen feministischen Bündniss. Am Frauentag 2023 sind wieder gemeinsame Aktionen geplant.
01:24:34 Annika Cory (Gärtnerin, Ver.di Betriebsgruppe Botanischer Garten): 2019 erste Teilnahme an einem Klimastreik über einen Deal mit der Geschäftsleitung, der seit dem regelmäßig erneuert wird. Dieser Deal kam 2019 nur auf Druck der Beschäftigten zustande, die andernfalls auch ohne Erlaubnis an der Kundgebung teilgenommen hätten. Wenn der Staat die Demonstrierenden nicht ernst nimmt, sollte der Streik eine weitere legitime friedliche Eskalationsstufe sein. Streik ist gelebte Demokratie und Zeichen der Schlagkraft der Masse.
01:31:32 Diskussion Block 4
Block 5: Internationale Einschränkungen im Streikrecht
01:37:48 Haydar Deniz (Eğitim Sen/Lehrergewerkschaft Türkei) wurde wegen gewerkschaftlicher Tätigkeit gekündigt und inhaftiert. Es gibt kein demokratisches Streikrecht mehr in der Türkei.
01:55:09 Marta Rozmysłowicz (Inicjatywa Pracownicza/Basisgewerkschaft Polen): Polnisches Streikrecht ist stark eingeschränkt und verpflichtet zu einem fünf-stufigen Verfahren: Zur Zeit geht es bei Amazon um die vierte Stufe: 50 % der Beschäftigten müssen sich an einem Streikreferendum beteiligen und davon die Mehrheit für Streik stimmen. Der Ukrainekrieg führte zum Verbot des Streiks in der Ukraine und in Polen zum Versuch, das Streikrecht einzuschränken.